Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Stier

Steuererklärung via ELSTER

Erstellt ein Steuerpflichtiger seine Einkommensteuererklärung elektronisch mit dem ELSTER-Programm und macht er versehentlich keine Unterhaltsleistungen für seine bedürftige Lebensgefährtin geltend, kann er die spätere Änderung des Einkommensteuerbescheids nur dann erfolgreich beantragen, wenn ihn kein grobes Verschulden trifft. Dies hängt davon ab, ob die Erläuterungen und der Aufbau des ELSTER-Formulars so ausreichend verständlich, klar und eindeutig waren, dass ein steuerlicher Laie die Abziehbarkeit der Unterhaltsleistungen hätte erkennen können.

Hintergrund: Bemerkt ein Steuerpflichtiger nach Ablauf der Einspruchsfrist, dass er bestimmte Aufwendungen versehentlich nicht geltend gemacht hat, kann er die Änderung des Steuerbescheids wegen neuer Tatsachen beantragen. Eine Änderung zu seinen Gunsten setzt aber voraus, dass ihn am nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen kein grobes Verschulden trifft.

Streitfälle: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich über zwei ähnlich gelagerte Fälle entschieden, in denen die Kläger ihre Einkommensteuererklärung mithilfe des      ELSTER-Programms elektronisch erstellt hatten. Beide machten jeweils Unterhaltsleistungen an ihre Lebensgefährtin nachträglich als außergewöhnliche Belastungen geltend.

Im ersten Fall ging es um das Jahr 2006: Kläger war A. Er begründete seinen Antrag auf Änderung des Bescheids damit, dass er auch bei Durchsicht des Ausdrucks seiner Steuererklärung nicht bemerkt habe, dass die Unterhaltsleistungen fehlten; denn beim Ausdruck der ELSTER-Steuererklärung würden nur die Felder ausgedruckt, in denen er auch Eintragungen vorgenommen habe, nicht aber die unausgefüllten Felder.

Der zweite Fall betraf das Jahr 2008: Kläger war B. Er rügte, dass der Steuererklärungsvordruck im ELSTER-Programm auf eine Anlage U verweise, in der nur Eltern, Großeltern und Kinder als mögliche Unterhaltsempfänger aufgeführt seien, nicht aber die Lebensgefährtin. Deshalb habe er es versäumt, die Unterhaltszahlungen in der Steuererklärung geltend zu machen.

Entscheidung: Der BFH wies die Klage des A für das Jahr 2006 wegen groben Verschuldens ab, gab der Klage des B dagegen statt, weil diesen kein grobes Verschulden traf:

  • Eine nachträgliche Änderung des Steuerbescheids scheidet bei grobem Verschulden des Steuerpflichtigen aus. Als grobes Verschulden gilt Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit; grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, die ihm persönlich zuzumuten ist, in ungewöhnlichem Maße verletzt.
  • Nach diesen Grundsätzen handelte Kläger A bei Erstellung seiner Einkommensteuererklärung grob fahrlässig. Denn er hat die Zeile 102 des elektronischen ELSTER-Vordrucks nicht beachtet, in der nach „Unterhalt für bedürftige Personen“ gefragt wurde. In der Anleitung zur Einkommensteuererklärung 2006 war auch die Mutter eines gemeinsamen Kindes als Beispiel für eine unterhaltsberechtigte Person genannt. A hätte daher die Unterhaltsleistungen an seine Lebensgefährtin, mit der er ein gemeinsames Kind hatte, in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen können. Sein Verschulden entfiel auch nicht dadurch, dass ELSTER keinen vollständigen Ausdruck der Steuererklärung liefert, sondern letztlich nur die Werte und Kennziffern wiedergibt, die zuvor ausgefüllt wurden.
  • Kläger B handelte dagegen nicht grob fahrlässig. Denn das ELSTER-Formular für 2008 war im Bereich der Unterhaltsleistungen unübersichtlich gestaltet, und die Erläuterungen waren unvollständig. So enthielt der Hauptvordruck des ELSTER-Formulars an der entscheidenden Stelle keine Erläuterungen zur Abziehbarkeit von Unterhaltsleistungen, sondern verwies ohne weitere Erläuterungen auf die Anlage U. Und hier wurden die gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen beispielhaft aufgezählt („z.B. Eltern, Großeltern und Kinder”), die Mutter eines gemeinsamen Kindes als mögliche Unterhaltsberechtigte jedoch nicht genannt.

Hinweis: Die Urteile machen deutlich, dass es auf die Einzelheiten des Vordrucks und des Erläuterungstextes ankommt. Derjenige, der seine Einkommensteuererklärung selbst fertigt, sollte in jedem Fall den Steuererklärungsvordruck und den Erläuterungstext vollständig durchlesen.

(Veröffentlichung: 10/13)
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Volkmar Stier
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