Hintergrund: Geschäftsführer von Kapital- oder Personengesellschaften sind umsatzsteuerrechtlich entweder selbständig und damit Unternehmer oder aber unselbständig tätig. Sind sie Unternehmer, so unterliegen ihre Bezüge der Umsatzsteuer.
Die Gesellschaft kann die gezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer abziehen.
Streitfall: Ein persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) eines Bankhauses, das in Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) betrieben wurde, war auch Geschäftsführer. Seine Beteiligung am Kapital der KG betrug jedoch 0 €.
Der Geschäftsführer bezog ein festes Gehalt mit Anspruch auf eine Tantieme, hatte Anspruch auf Jahresurlaub und Fortzahlung seiner Bezüge im Fall der Berufsunfähigkeit für die Dauer von sechs Monaten. Seine Bestellung erfolgte durch den Verwaltungsrat. Sowohl für den Verwaltungsrat als auch den Geschäftsführer betrug die Kündigungsfrist zwölf Monate; allerdings konnte der Verwaltungsrat den Geschäftsführer nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags nach freiem Ermessen jederzeit abberufen.
Das Finanzamt bejahte die Unternehmereigenschaft des Geschäftsführers und forderte von ihm Umsatzsteuer auf seine Bezüge. Dagegen wehrte sich der Geschäftsführer.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Geschäftsführer recht und verneinte dessen Unternehmereigenschaft. Ob jemand Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne ist, ist unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen:
Im Streitfall konnte der Geschäftsführer die KG zwar aufgrund seiner Stellung als persönlich haftender Gesellschafter im Außenverhältnis umfassend und damit selbständig vertreten. Insoweit unterlag er auch keinen Weisungen des Verwaltungsrats der KG. Jedoch konnte er nach dem Gesellschaftsvertrag jederzeit vom Verwaltungsrat nach freiem Ermessen und ohne Begründung abberufen werden. Damit stand er im Innenverhältnis einem unselbständigen Angestellten gleich, der seine Entscheidungen gegenüber der Führungsebene rechtfertigen muss. Entscheidend für die Frage der selbständigen Tätigkeit ist nach dem BFH aber das Innenverhältnis, das hier als unselbständig ausgestaltet war. Damit schuldete der Geschäftsführer keine Umsatzsteuer.
Hinweise: Der BFH entschied gegen die Auffassung der Finanzverwaltung, nach deren Auffassung ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Weisungsrecht nicht zu einer Weisungsgebundenheit des geschäftsführenden Gesellschafters führt.
Für die umsatzsteuerliche Beurteilung der Selbständigkeit ist die einkommensteuerliche Betrachtungsweise unerheblich. Es kann damit zu unterschiedlichen Entscheidungen im Einkommen- und Umsatzsteuerrecht führen. Einkommensteuerlich war der Geschäftsführer als sog. Mitunternehmer und damit als selbständig anzusehen, während er vom BFH umsatzsteuerlich als unselbständig eingestuft wurde.
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Volkmar Stier
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